körper tanz bewegung
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2195-4909
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/ktb2023.art01d
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Editorial
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Frank Röhricht
Liebe Leserinnen und Leser, der Körper ist in der allgemeinen Psychotherapie angekommen, er ist sozusagen „salonfähig“ geworden. Der Beginn der modernen Psychotherapie wird zumeist mit der zu Beginn des 20.Jahrhunderts etablierten Psychoanalyse datiert, methodisch liegt dem Ansatz damit ein relationaler, verbaler Diskurs zugrunde, der auf einer verstehend-kognitiven Auseinandersetzung mit den psychischen Schwierigkeiten basiert.
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1 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, der Körper ist in der allgemeinen Psychotherapie angekommen, er ist sozusagen „salonfähig“ geworden. Der Beginn der modernen Psychotherapie wird zumeist mit der zu Beginn des 20. Jahrhunderts etablierten Psychoanalyse datiert; methodisch liegt dem Ansatz damit ein relationaler, verbaler Diskurs zugrunde, der auf einer verstehendkognitiven Auseinandersetzung mit den psychischen Schwierigkeiten basiert. Auch die sich seit den 1960er Jahren zunehmend verbreitende Verhaltenstherapie ist in diesem methodischen Paradigma verortet, auch wenn seitens der Begründer initial dem Bewegungsverhalten (und insofern der Sensomotorik) sehr viel mehr Bedeutung zugeschrieben wurde. Erst in der letzten Dekade hat sich diese methodische Einengung einer neuen Perspektive geöffnet. Unter dem Leitbegriff des „Body Turn“ (Geuter 2015) sind sowohl soziologisch-gesellschaftliche Phänomene als auch Entwicklungen in den Kognitionswissenschaften (Stichwort „Embodiment“, „Embodied Cognition“) und der Neuropsychologie (Neubewertung der Relevanz affektiv-emotionaler Erlebnisweisen in der Ausbildung von Denkmustern) relevanter Hintergrund für eine Zuwendung der psychotherapeutischen Theorie und Praxis hin zum Selbst- und Körpererleben. Hierauf beziehen sich nun explizit auch die sogenannten etablierten „Richtlinienverfahren“; die drei Beiträge in diesem thematischen Sonderheft stellen dies aus körper-- tanz-- bewegung 11. Jg., S. 1-2 (2023) DOI 10.2378/ ktb2023.art01d © Ernst Reinhardt Verlag der schulenspezifischen Perspektive der Verhaltenstherapie (VT) und der Systemischen Therapie zusammenfassend vor. Der Beitrag von Norbert Klinkenberg besinnt zurück auf den Aspekt körperlichen Verhaltens und skizziert kindliches Bewegungslernen als therapeutisch nutzbare Ressource zur Verhaltensänderung. Die Fähigkeit, „Sinnliche Selbstreflexivität“ zu nutzen (Klient und Therapeut), ist ein weiteres zentrales methodisches Merkmal seines Ansatzes. Der zweite Beitrag zur körperorientierten Verhaltenstherapie von Gerd Zimmek und Kati Juraschek fasst zunächst die „wellenförmige“ historische Entwicklung der VT unter besonderer Berücksichtigung des Umgangs mit dem Körper zusammen; er beschreibt, wie die diagnostische Analyse problematischen Erlebens und Verhaltens eine Bezugnahme auf den Körper notwendig macht und in der Schematherapie als achtsamkeitsbasiertes und aktivierendes Vorgehen genutzt wird. Jana Pluns betont zunächst, wie sehr sich die Systemische Psychotherapie in ihren Grundannahmen „zirkulärer Erklärungen“ bedient und biopsychosozial ausgerichtet 2 1 | 2023 Editorial ist. Sie illustriert dies anhand eines Fallbeispiels und betont den dynamischen Prozess, in dem verbale, kognitiv-einordnende und erfahrungszentrierte „körpernahe Elemente“ im Sinne der Systemtheorie eingesetzt werden. Aus der Sicht der Körperpsychotherapie und auch im Sinne der „Allgemeinen Psychotherapie“ sind die beschriebenen Gemeinsamkeiten in Theorie und Praxis ausdrücklich zu begrüßen. Prof. Dr. med. Frank Röhricht Mitherausgeber „körper-- tanz-- bewegung“
