körper tanz bewegung
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2195-4909
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/ktb2023.art09d
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2023
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Fachbeitrag: Die Andersartigkeit des Körpers
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2023
Frank Francesco Birk
Sandra Mirbek
Intersektionalität stellt eine Analyseperspektive dar, welche eine Überschneidung bzw. Gleichzeitigkeit verschiedener Diversitätskategorien beinhaltet, die auf eine Person zutreffen können. Der Beitrag behandelt die Thematik Intersektionalität im Hinblick auf den Körper. Neben Klasse, Geschlecht und Ethnie stellt der Körper die vierte zentrale Diversitätskategorie, auch Strukturkategorie genannt, dar. Im intersektionalen Diskurs wird die Bedeutung des Körpers unterschiedlich eingeschätzt. Hierbei wird diskutiert, ob der Körper eine Strukturkategorie oder eine Querschnittskategorie darstellt. In diesem Beitrag wird Intersektionalität in den Kontext der Körperpsychotherapie eingeordnet.
9_011_2023_2_0004
Fachbeitrag 61 körper-- tanz-- bewegung 11. Jg., S. 61-68 (2023) DOI 10.2378/ ktb2023.art09d © Ernst Reinhardt Verlag Die Andersartigkeit des Körpers Eine intersektionale Perspektive auf den Körper Frank Francesco Birk und Sandra Mirbek Intersektionalität stellt eine Analyseperspektive dar, welche eine Überschneidung bzw. Gleichzeitigkeit verschiedener Diversitätskategorien beinhaltet, die auf eine Person zutreffen können. Der Beitrag behandelt die Thematik Intersektionalität im Hinblick auf den Körper. Neben Klasse, Geschlecht und Ethnie stellt der Körper die vierte zentrale Diversitätskategorie, auch Strukturkategorie genannt, dar. Im intersektionalen Diskurs wird die Bedeutung des Körpers unterschiedlich eingeschätzt. Hierbei wird diskutiert, ob der Körper eine Strukturkategorie oder eine Querschnittskategorie darstellt. In diesem Beitrag wird Intersektionalität in den Kontext der Körperpsychotherapie eingeordnet. Schlüsselbegriffe Intersektionalität, Körper, Diskriminierung, Diversitätskategorie The Otherness of the Body. An Intersectional Perspective of corporeality Intersectionality is an analytical perspective that involves the intersection or simultaneity of different categories of diversity that can apply to a person. The article deals with the topic of intersectionality in the context of the body. In addition to class, gender and ethnicity, the body represents the fourth central diversity category, also called a structural category. In the intersectional discourse, the importance of the body is assessed differently. It is debated whether body represents a structural category or a cross-sectional category. In this paper, intersectionality is discussed in the context of body psychotherapy. Key words intersectionality, body, discrimination, diversity category Grundlagen der Intersektionalität I n der Körperpsychotherapie wird Intersektionalität bislang kaum diskutiert. Intersektionalität (engl. intersection; Schnittpunkt, Kreuzung) bezeichnet die Überschneidung bzw. Gleichzeitigkeit verschiedener Diversitätskategorien, welche auf eine Person zutreffen. Dabei geht es nicht um eine Addition verschiedener Diskriminierungsmöglichkeiten im Sinne einer Dopplung bzw. Vervielfachung, sondern darum, Überschneidungen bzw. Verschränkungen verschiedener Kategorien und deren Spezifika in den Blick zu nehmen (Penkwitt 2021). Zu den Diversitätskategorien gehören beispielsweise Geschlecht, Behinderung, Hautfarbe, Einkommen, Bildung, sexuelle Orientierung und Körper (siehe Abb. 1). Während früher das Hauptaugen- 62 2 | 2023 Birk, Mirbek merk oftmals auf das Geschlecht gelegt wurde, sind heutzutage Klasse und Ethnie / Hautfarbe weitere zentrale Diversitätskategorien, welche zu Diskriminierungen führen können (Degele / Winker 2007). Diese zentralen Diversitätskategorien werden auch als Strukturkategorien bezeichnet. Der Körper wird oftmals als vierte Strukturkategorie angesehen. Insgesamt bietet die Intersektionalität eine Analyseperspektive auf verschiedene Ungleichheits-, Macht- und Herrschaftsverhältnisse, die Überschneidung unterschiedlicher sozialer Kategorien und die daraus resultierende soziale Positionierung von Subjekten (Budde 2013, 27). Historisch ist die Intersektionalität im antidiskriminierungsrechtlichen Kontext v. a. der Frauen- und Bürgerrechtsbewegung (Black Feminism & Critical Race Theory) verortet. Der Begriff wurde von der amerikanischen Juristin Kimberlé Crenshaw (1989) geprägt. Anlass hierfür war eine Gerichtsverhandlung, in der fünf Women of Color um Emma DeGraffenreid gegen General Motors wegen Arbeitsplatzdiskriminierung klagten. Das Gericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass zum einen keine Diskriminierung aus rassistischen Gründen erfolgte, da männliche People of Color am Fließband arbeiteten, und zum anderen keine Diskriminierung aus geschlechtlichen Gründen vorliegt, da mehrere Frauen im Sekretariat arbeiten. Die Situation der People of Color, welche zugleich weiblichen Geschlechts sind, fand keine Berücksichtigung. Die Analyseperspektive der Intersektionalität war damals noch nicht bekannt, und das Gericht erlaubt es den Women of Color nicht, die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht UND Ethnie / Hautfarbe in einer Klage zu vereinen (Crenshaw 2019). Hier wurde ein Missstand deutlich, welcher einer Anpassung der rechtlichen Situation inklusive der passenden Begriffsfindung notwendig machte. Tabelle 1 stellt verschiedene binär gefasste Differenzkategorien in Verbindung mit den jeweiligen Diskriminierungsformen dar. Die vorgestellten Diskriminierungsformen können in den Körperpsychotherapie-Stunden thematisiert werden. Insgesamt existieren nach Lerch (2011, 9) viele (vorwiegend quantitative) internationale Studien, welche nachweisen, Abb. 1: Diversitätskategorien (eigene Darstellung in Anlehnung an Walgenbach 2017 sowie Birk / Mirbek 2020) 63 2 | 2023 Die Andersartigkeit des Körpers dass sozial benachteiligte Gruppen wie z. B. Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund, soziale bzw. ethische Minderheiten und People of Color stark mit körperlichen und psychischen Problemen zu kämpfen haben (u. a. Igel et al. 2010). Herausforderungen hierbei sind u. a. (Lerch 2011, 10): ● ökonomische Marginalisierung ● mangelnder Zugang zu Ressourcen, u. a. Strukturen im Bildungssystem ● mangelnder Bildungserfolg ● Internalisierung negativer Stereotype ● niedriges Selbstwertgefühl Die Grundlage von Diskriminierung stellt das Othering dar. „Das Konzept des Othering beschreibt, wie im kolonialen oder postkolonialen Diskurs Subjekte erschaffen werden. Othering ist, wie es z. B. Gayatri C. Spivak (1984) ausführt, ein Prozess, in dem die kolonisierenden, sich in der hegemonialen Position Befindlichen, ebenso etabliert werden wie die kolonisierten, marginalisierten Anderen.“ (Velho 2010, 15) Durch Othering-Prozesse werden Menschen beispielsweise über den Körper (z. B. Hautfarbe, Kleidung, Bewegung, Mimik, Gestik, Geschlecht) „zu[-m] ‚Anderen‘ konstruiert, klassifiziert und sichtbar gemacht, während die eigene Position unmarkiert bleibt“ (Lerch 2011, 11). Dabei muss das Othering nicht nur auf ein Merkmal (z. B. Hautfarbe oder Geschlecht) bezogen sein, sondern kann im Sinne der Intersektionalität verschiedene Merkmale gleichzeitig einbeziehen. Intersektionalität stellt ein Konzept dar, bei dem sich verschränkende, „kumulative Verletzungen aufgrund vielfältiger Benachteiligung analysiert werden“ (Schigl Binär gefasste Differenzkategorien Diskriminierungsformen männlich weiblich Genderismus heterosexuell homosexuell/ bisexuell Sexismus cisgeschlechtlich transsexuell/ transgender Sexismus dyadisch- oder endogeschlechtlich intergeschlechtlich Sexismus gesund krank Healthism weiß (Hautfarbe) schwarz (Hautfarbe) Ethnizismus inländisch ausländisch Ethnizismus (soziale bzw. ethnische) Mehrheit (soziale bzw. ethnische Minderheit Ethnizismus sozio-ökonomisch privilegiert/ adelige Abstammung sozio-ökonomisch schwach Klassismus (sozio-ökonomische Situation, Abstammung, Status / Hierarchie) jung alt Agismus / Adultism normalgewichtig übergewichtig / fettleibig / untergewichtig Bodyshaming nicht-behindert behindert (Dis-)Ableismus Tab. 1: Binär gefasste Differenzkategorien und dazugehörige Diskriminierungsformen 64 2 | 2023 Birk, Mirbek 2018, 101). Intersektionalität in Bezug auf den Körper wird im nachfolgenden Kapitel dargelegt. Körper und Intersektionalität Aus intersektionaler Perspektive wird der Körper u. a. in Bezug auf Behinderung, Alter, Gender bzw. Kultur diskutiert (u. a. Krekula 2007; Piran 2017; Raab 2012). Winker/ Degele (2010) fokussieren in ihrer Systematisierung zur Intersektionalität die vier Strukturkategorien Klasse, Ethnie / Hautfarbe, Geschlecht und Körper. Die Strukturkategorie Körper umfasst dabei „Herrschaftsverhältnisse zwischen Menschengruppen aufgrund körperlicher Merkmale wie Alter, Attraktivität, Generativität und körperliche Verfasstheit“ (Winker / Degele 2010, 51). Villa (2010), Knapp (2013) und Schildmann / Schramme (2017) kritisieren die Kategorisierung von Winker / Degele (2010) als eigene Strukturkategorie und sehen den Körper ausschließlich als Querschnittsbzw. Superkategorie, da dieser bereits in allen anderen drei Kategorien enthalten sei (Schildmann / Schramme 2017). Birk und Mirbek gehen zum einen von einer übergreifenden und verbindenden Bedeutung des Körpers auf die anderen Kategorien im Sinne einer Querschnittskategorie aus (Birk/ Mirbek 2020, 172). Zum anderen erkennen sie den Körper als eigene Strukturkategorie an, da diese von vielen Diskriminierungsmerkmalen bzw. Diversitätskategorien wie z. B. „Ethnizität, Religion, Geschlecht, Behinderung, Gesundheit, Alter und sozioökonomischer Status“ (Birk/ Mirbek 2021, 143) beeinflusst wird und somit in Hinblick auf Diskriminierungspraktiken und Intersektionalität höchst bedeutsam ist. Der Körper ist somit als Strukturkategorie zu sehen, welche zugleich die anderen Kategorien beeinflussen kann und somit auch eine übergreifende bzw. verbindende Funktion einnimmt (Birk/ Mirbek 2020, 172). Intersektionalität in der Körperpsychotherapie Die (Körper-)Psychotherapie kann u. a. als Menschenrechtsprofession verstanden werden. Das Menschenrecht auf dem „höchsten erreichbaren Stand an körperlicher und geistiger Gesundheit“ (UN-Sozialpakt, Art. 12, UN 1966) ist seit 1966 im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt), einem der zehn Menschenrechtsabkommen, verankert und somit als grundlegendes Menschenrecht zu verstehen (Lerch 2019; Wulf 2016). Dieses Menschrecht stellt die körperliche und geistige Gesundheit in den Fokus, welche u. a. bedeutsam für die Körperpsychotherapie ist. 2018 verabschiedete der Europäische Verband für Psychotherapie (EAP) Ethik-Richtlinien, welche explizit darauf hinweisen, dass (Körper-)Psychotherapie u. a. die Wahrung und den Schutz von Menschenrechten intendiert: „Psychotherapists respect the dignity and worth of the individual and strive for the preservation and protection of fundamental human rights.“ (EAP 2018, o. S.) Hierdurch stellt die Auseinandersetzung mit Menschenrechten eine „unverzichtbare Bezugsgröße für die [Körper-]Psychotherapie dar“ (Lerch 2019, 56). Auch sind psychische Prozesse in einem globalen Kontext zu verstehen (Sequeira 2015), welcher „vor dem Hintergrund globaler Ungleichheits- und Unterdrückungssysteme (Rassismus, Sexismus, Klassismus etc.)“ (Lerch 2019, 56) zu denken ist. Hierdurch erfährt die (Körper-)Psychotherapie einen Perspektivwechsel, welcher mit Prozessen wie Verrückung bzw. De-Zentrierung verbunden ist (Lerch 2019). „Dieser Perspektivenwechsel hin zu einer globalen Verantwortung setzt voraus, dass die [Körper-] Psychotherapie Diskurse um Differenz und Intersektionalität aufgreift und die Forschung hinsichtlich gender, queerness, critical whiteness, postcolonialism etc. in ihre Theorie und Praxis einbezieht“ (Lerch 2019, 56). Durch den 65 2 | 2023 Die Andersartigkeit des Körpers Einbezug von Diversität und Intersektionalität sind „Overall-Aussagen nicht zulässig […] [, da] spezifische Milieus unterschiedliche Auswirkungen auf Gender und Diversity Performanzen haben“ (Schigl 2018, 54). Eine intersektionale Perspektive ist bedeutsam, um die Herausforderungen der Adressat- Innen vielschichtig betrachten und behandeln zu können. Denn sich verschränkende Diskriminierungen erfordern eine intersektionale Perspektive und Herangehensweise. Eine einseitige Fokussierung auf lediglich eine Differenzkategorie vernachlässigt wichtige Aspekte der Lebensrealität der AdressatInnen und führt gegebenenfalls dazu, dass bedeutsame Aspekte unbeachtet bleiben. Unter dieser Prämisse müssen auch Theorien (z. B. charaktertheoretische Konzepte, Diagnostik/ Klassifikation), welche KlientInnen kategorisieren, hinterfragt werden, da diese ebenfalls zu Marginalisierung bzw. Diskriminierung führen können. „Das Wissen über Andere kann diese ebenso stereotypisieren wie das Ausblenden von beispielsweise geschlechtlich oder kulturell bzw. rassistisch konstruierten Differenzen.“ (Lerch 2019, 55) Die (Körper-)Psychotherapie bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen „der Reproduktion von Normalitätsmustern und Andersheit“ (Mecheril/ Plößer 2018, 284). In der (körper-)psychotherapeutischen Praxis sollte die Auseinandersetzung mit Habitualisierungen (Bourdieu 1982) im Kontext von Intersektionalität und Diversität an Bedeutung gewinnen. Der Habitus ist als ein „System von dauerhaften und übertragbaren Dispositionen“ (Bourdieu 2005, 98), also als internalisierte Schemata bzw. grundlegende Eigenschaften zu verstehen, welche sich in den Körper einschreiben (verleiblichen). Dabei wird der Habitus von der Gesellschaft geprägt und beeinflusst das Handeln Einzelner. Diese verleiblichten Strukturen können in der Körperpsychotherapie bearbeitet werden (Birk/ Mirbek 2022). Gegenhabitualisierungen (Landweer 1997) sollten eingesetzt werden, um (Körper-)Haltungen bewusst zu machen und dadurch Wahrnehmungs- und Ausdrucksmöglichkeiten sowie das Handlungsrepertoire zu erweitern (Zehetner 2015, 16). Denn über den Köper können Diskriminierungserfahrungen (z. B. Macht, Ohnmacht, Gewalt) bearbeitet werden (Birk/ Mirbek 2021). KörperpsychotherapeutInnen sind „selbst Teil der komplexen Beziehungen und Dynamiken von Differenzproduktion und der Herstellung sozialer Ungleichheit“ (Punz 2015, 66), sind zumeist privilegiert, jedoch zum Teil auch betroffen von Diskriminierung (Lerch 2019, 56). Intersektionalität ist zudem eine Thematik der körperpsychotherapeutischen Arbeit. Diese Perspektive fokussiert nicht ausschließlich die KlientInnen im Einzelbzw. Gruppensetting, sondern politisiert die Körperpsychotherapie. Themen wie (Anti-)Diskriminierung, Achtung von Menschenrechten und Diversität sind mit einem politischen Diskurs verbunden. Durch Selbsterfahrung sollen KlientInnen sowie (angehenden) KörperpsychotherapeutInnen (körperliche) Diskriminierungsmechanismen bewusst gemacht werden. Dabei sollte es das Ziel sein, Ambiguitätstoleranz, also die Kompetenz, „Vieldeutigkeit und Unsicherheit zur Kenntnis nehmen und ertragen [zu] können“ (Watzlawik et al. 2017, 164), zu fördern. Insgesamt ist festzustellen, dass eine intersektionale Perspektive die (Körper-)Psychotherapie bereichert. Der Körper nimmt, wie in der Körperpsychotherapie üblich, eine zentrale Rolle ein. Diese Arbeit am und mit dem Körper hat bislang keine Bedeutung im Kontext der Intersektionalität. Zudem könnte die Körperpsychotherapie auch im Setting der Anti-Diskriminierungsarbeit tätig werden. Abschließende Betrachtung Intersektionalität in Bezug auf den Körper hat eine große Relevanz. Denn der Körper stellt eine von vier Strukturkategorien (neben Klasse, 66 2 | 2023 Birk, Mirbek Ethnie / Hautfarbe und Geschlecht) dar. Somit nimmt der Körper aus einer intersektionalen Perspektive eine zentrale Bedeutung für Diskriminierungsprozesse dar. Bislang werden Intersektionalität und die Bedeutung des Körpers nicht in der Körperpsychotherapie diskutiert. Die Körperpsychotherapie kann sich als Menschenrechtsprofession verstehen, welche Menschenrechte fokussiert. Hierbei würden Themen wie die Diskriminierung oder der Schutz von vulnerablen Zielgruppen an Bedeutung gewinnen. Dieser Beitrag schafft die erste Grundlage dafür. KlientInnen können vor der Körperpsychotherapie intersektionale Diskriminierungserfahrungen bezüglich des Körpers (Bodyshaming) gemacht haben, was derzeit allgemein in der Psychotherapie kaum mitgedacht wird. Hierfür müssen in Zukunft Interventionen entwickelt werden, da internationale Studien belegen, dass Personen, welche zu benachteiligten Gruppen (Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund, ethnische Minderheiten und People of Colour) gehören, stark von körperlichen und psychischen Herausforderungen betroffen sein können, welche auch mit Diskriminierungserfahrungen (z. B. Othering) einhergehen können. Hier ist es wichtig, die verschiedenen Diversitätskategorien nicht lediglich einzeln, sondern auch aus einer intersektionalen Perspektive zu betrachten. Gerade im körperpsychotherapeutischen Kontext sollten Diskriminierungen aufgrund des Körpers stärker aus einer intersektionalen Perspektive betrachtet und berücksichtigt werden. Insbesondere in der Diagnostik/ Klassifikationen sowie in der Arbeit mit charaktertheoretischen Konzepten sollte dies zum Tragen kommen, da hier Stereotypisierungen und Marginalisierungen entstehen können. Aus diesem Grund ist ein achtsamer und reflektierter Umgang mit diesen Konzepten bzw. Verfahren und eine konstruktivistische Perspektive von großer Bedeutung. Zudem sollten Forschungsprojekte durchgeführt werden, welche die Bedeutung von Intersektionalität in der (Körper-)Psychotherapie in den Blick nehmen, beispielsweise zu den Auswirkungen intersektionaler und den Körper betreffender Diskriminierungserfahrungen auf die bio-psycho-soziale Gesundheit, zu Herrschaftsverhältnissen und Diskriminierungsmechanismen in der Therapie oder Good-Practice Beispiele für die Arbeit bei intersektionaler Diskriminierung bezogen auf den Körper. Literatur Birk, F. F., Mirbek, S. (2022): Körperkapital. körper-- tanz-- bewegung 10 (2), 46-55, http: / / dx.doi.org/ 10.2378/ ktb2022.art09d Birk, F. F., Mirbek, S. 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Professorin für Heilpädagogik und Inklusionspädagogik an der IU Internationale Hochschule. ✉ Dr. Frank Francesco Birk KJA Leverkusen, Rhein-Berg, Oberberg gGmbH Dr.-Robert-Koch-Straße 8 | D-51465 Bergisch Gladbach frankbirk2003@yahoo.de
