eJournals körper tanz bewegung 13/2

körper tanz bewegung
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2195-4909
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/ktb2024.art15d
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Aktuelles aus der Forschung: Aktuelle Metaanalyse und RCT zu Tanztherapie und RCT zu Psychomotoriktherapie

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Iris Bräuninger
Abu-Odah und Kolleg:innen (2024) überprüften in einem systematischen Review die Wirksamkeit von Tanzbewegungstherapie (TT) und Tanzbewegungsinterventionen (TI) bei Krebs- und Palliativpatient:innen.
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Aktuelles aus der Forschung 94 körper-- tanz-- bewegung 13. Jg., S. 94-96 (2025) DOI 10.2378/ ktb2025.art15d © Ernst Reinhardt Verlag Aktuelle Metaanalyse und RCT zu Tanztherapie und RCT zu Psychomotoriktherapie Iris Bräuninger Tanzbewegungsinterventionen bei Krebs- und Palliativpatient: innen: Ein systematischer Review mit Metaanalyse A bu-Odah und Kolleg: innen (2024) überprüften in einem systematischen Review die Wirksamkeit von Tanzbewegungstherapie (TT) und Tanzbewegungsinterventionen (TI) bei Krebs- und Palliativpatient: innen. Die Suche wurde ohne zeitliche Begrenzung im Juli 2022 in den Datenbanken PubMed, SCO- PUS, EMBASE, PsycINFO, CINAHL und Web of Sciences durchgeführt und ein Jahr später wiederholt. Die englischsprachigen Studien mussten folgende Einschlusskriterien (PICOS) erfüllen: P: Patient: innen mit Krebs und/ oder in Palliativpflege; I: TT oder TI; C: TAU; O: Depression, Angst, Lebensqualität; S: RCTs, quasiexperimentelle Studien oder Studien mit gemischten Methoden. Ausgeschlossen wurden Reviews, Doktorarbeiten, Kommentare, Vorberichte, Fallberichte, Konferenzzusammenfassungen und Buchkapitel. Insgesamt wurden 16-Studien, davon neun RCTs und sieben nicht randomisierte Studien, eingeschlossen, worunter sich sechs reine TT-Studien befanden. Die Mehrzahl der Studien evaluierten die Interventionen bei Krebspatient: innen, nur wenige adressierten Palliativpatient: innen. Um die Ergebnisse der Auswirkungen von TT und TI auf die Gesundheit zusammenzufassen, wurden Metaanalysen erstellt. Wo das nicht möglich war, wurden die Ergebnisse in einer narrativen Zusammenfassung dargestellt. Als Ergebnis ergab sich ein differenziertes Bild zu beiden Interventionsformen: Die Metanalyse zweier Studien erbrachte, dass TT keinen signifikanten Einfluss auf die Lebensqualität von Krebspatient: innen hatte (SMD - 0,09, 95 % KI - 0,21 bis 0,40, P = 0,54). Jedoch wirkte sich TI signifikant positiv auf Depression (SMD - 0,53, 95 % KI - 0,93 bis - 0,14, P = 0,008) und Müdigkeit (SMD - 0,42, 95 % KI - 0,70 bis - 0,14, P = 0,003) aus. Die narrativen Analysen und Ergebnisse der nicht-randomisierten Studien zeigten in Bezug auf TT eine positive Auswirkung auf wahrgenommenen Stress, Schmerzintensität und Schmerzbeeinträchtigung und in Bezug auf TI eine Verbesserung im Körperbild, beim Selbstwertgefühl, der körperlichen Funktion, der Griffstärke der rechten und linken Hand, der Lebenszufriedenheit und Lebensqualität der Patient: innen. Die Autor: innen betonten den Bedarf an qualitativ hochwertigen, groß angelegten RCTs mit genügend großer Effektstärke und TT- und TI-Protokollen. Aktuelles aus der Forschung 95 2 | 2025 Dreitägiges Tanztherapie-Kompaktangebot gegen Angst und Depression bei chinesischen Studierenden: Eine RCT Die RCT mit chinesischen Universitätsstudierenden von Xu und Kolleg: innen (2024) untersuchte zu drei Zeitpunkten (Prä-, Post-, dreimonatiger Follow Up-Test), ob sich nach einem dreitägigen TT-Kompaktangebot die Angst- und Depressionssymptome verringerten, welche bei Studierenden zuzunehmen scheinen. Das Programm wurde an drei Wochenenden von einer anerkannten Tanztherapeutin / Psychologin unter Assistenz einer MA-Studierenden durchgeführt. An drei sechsstündigen Workshops mit acht thematischen Modulen wechselte das Programm zwischen strukturierten und unstrukturierten Elementen (zu Themen wie Körperbewusstsein, Verbindung, Körperbild, Sicherheit, Grenzen, kognitive Fähigkeiten). Der Kontrollgruppe (KG) wurde psychoedukative Unterstützung (in Form von Lektüren) und die Möglichkeit, Beratungsgespräche in Anspruch zu nehmen, angeboten. Die Studierenden wurden an der Universität in Bejing, China, über ausgehängte Poster und Online-Werbung rekrutiert. In die Studie wurden Teilnehmende aufgenommen, welche a) sich als chinesisch bezeichneten; b) als Student: in eingeschrieben waren (Undergraduate); c) 18-Jahre oder älter waren; d) sich flüssig in Mandarin-Chinesisch ausdrücken konnten; e) psychologischen Stress mit depressiven oder Angstsymptomen zeigten, welche in einem Eingangsscreening evaluiert wurden. Von 128 Interessierten wurden 66 Personen zum Eingangsscreening eingeschlossen, worauf jedoch 26 Personen ausgeschlossen wurden. Die verbleibenden 40 Personen wurden auf je 20 Teilnehmende einer TT-Gruppe (4-Männer, 14-Frauen, M 19.61, SD 5.09) und einer Kontrollgruppe (4 Männer, 14 Frauen, M 23.33, SD 2.99) randomisiert. Bei allen wurde die Angst- (SDA: self-rating anxiety scale) und Depressionssymptomatik (SDS: self-rating depression scale) erhoben. Zu t2 und t3 fielen je zwei Teilnehmende pro Gruppe weg. Die Angstsymptomatik zu t1 zeigte keinen nennenswerten Unterschied zwischen den beiden Gruppen (TT-Gruppe M = 64,90, SD = 11,40; KG M = 64,90, SD = 10,50; F- = 0, p = 0,99). Sowohl zu t2 als auch zu t3 zeigte die TT-Gruppe (M = 53,10, SD = 8,94) eine klare Verbesserung der Angstsymptomatik gegenüber der KG (M = 65,10, SD = 11,70) (F-Wert von 11,81, p < 0,01). Dieser Effekt hielt auch zu t3 an: TT-Gruppe M = 51, SD = 10.6, KG M = 63.6, SD = 12.3 (F = 10.95, p < 0.01). Bei der Depressionssymptomatik zeigten sich zu t1 zwischen beiden Gruppen keine großen Unterschiede: TT-Gruppe M = 54.7, SD = 10.8 und KG M = 57.2, SD = 13.3 (F = 0.38, p = 0.54). Bei t2 verbesserten sich die Depressionswerte der TT-Gruppe (M = 47.5, SD = 7.49) signifikant gegenüber den Werten der KG (M = 56.2, SD = 14.40) (F = 5.17, p = 0.03). Dieser Effekt hielt zu t3 an: TT-Gruppe M = 43.70, SD = 9.41 gegenüber KG M = 55.9, SD = 15.8 (F = 7.85, p = 0.01). Gruppenschematherapie mit Psychomotoriktherapie für Ältere mit Persönlichkeitsstörung: eine multizentrische RCT Schematherapie schließt kognitive Verhaltenstherapie-Techniken ein und wird bei langjährigen Persönlichkeitspathologien eingesetzt. Die Studie kombinierte die Gruppenschematherapie (GST) mit Psychomotoriktherapie (PMT) als Form der Erlebnistherapie, „da kognitive Techniken mit zunehmendem Alter weniger wirksam werden können“ (Veenstra-Spruit et al. 2024, e247). Sie überprüfte die Wirksamkeit der kombinierten GST und PMT bei Menschen ab 60-Jahren mit vollständiger oder niederschwelliger Persönlichkeitsstörung (Cluster B oder C) 96 Iris Bräuninger 2 | 2025 und verglich die Intervention zu TAU. Die Studie wurde als offene, multizentrische RCT in acht ambulanten Kliniken für geriatrische Psychiatrie in den Niederlanden durchgeführt. Von 145 rekrutierten Patient: innen wurden 102 in die Intention-to-Treat-Analyse einbezogen (Median Alter: 69 Jahre [IQR 63-71], 61 % weiblich), welche 20 wöchentliche Sitzungen entweder GST + PMT oder TAU erhielten. Zu vier Messzeitpunkten (Prä-Test, Post-Test, 6-Monats-, 12-Monats- Follow-Up) wurde die Psychische Belastung (Brief Symptom Inventory, BSI) als Primäreffekt und die Mentale Gesundheit mit unterschiedlichen Verfahren als Sekundäreffekt gemessen. Im Prä-Test- / Post-Test-Vergleich verbesserte sich die Interventionsgruppe GST + PMT im Vergleich zur TAU-Gruppe signifikant in der psychischen Belastung (Cohens d 0,42, 95 % KI 0,16 bis 0,68; p = 0,0016); dies hielt auch im 6-Monats-Follow-Up an. Im 12-Monats-Follow-Up zeigten sich keine signifikanten Unterschied zwischen GST + PMT und TAU. Zusammenfassung Alle drei Studien zeichnen sich durch aufwendige Studiendesigns aus. Der Systematische Review mit Metanalyse konnte positive Auswirkungen der TT und TI auf die gesundheitlichen Folgen der Krebserkrankung nachweisen, jedoch mit niedriger Aussagekraft aufgrund zu kleiner Stichprobengrößen (Abu-Odah et al. 2024). Die RCT mit chinesischen Studierenden konnte einen positiven Effekt zur Angst- und Depressionsreduktion nach einer dreitägigen TT-Intervention nachweisen, die auch im 3-Monats-Follow-Up bestehen blieb (Xu et al. 2024). Und die Kombination von Schematherapie mit PMT scheint eine vielversprechende Behandlung für ältere Menschen mit Persönlichkeits- Dr. Iris Bräuninger Senior Researcher (Hochschule für Heilpädagogik Zürich IVE), Tutorin MA Tanztherapie UAB Barcelona, BTD-Supervisorin/ Ausbilderin/ Lehrtherapeutin, KMP-Notatorin, Praxis Tanztherapie Supervision Bodensee. ✉ Dr. Iris Bräuninger dancetherapy@mac.com oder iris.braeuninger@hfh.ch störungen zu sein (Veenstra-Spruit et al. 2024), bei der der Effekt über sechs Monate anhält. Literatur Abu-Odah, H., Wang, M., Su, J. J., Collard-Stokes, G., Sheffield, D., Molassiotis, A. (2024): Effectiveness of dance movement therapy and dance movement interventions on cancer patients’ health-related outcomes: A systematic review and meta-analysis. Supportive Care in Cancer 32 (4), 235, https: / / doi.org/ 10.1007/ s00520- 024-08431-4 Veenstra-Spruit, M. S., Bouman, R., van Dijk, S. D., van Asselt, A. D., van Alphen, S. P., Veenstra, D. H., de Ruiter M., Troost, S. E., Lammers, M. W., Vulker, F., Smeets-Janssenm M. J. M., van den Brink, R. H. S., Voshaar, R. C. O. (2024): Group schema therapy combined with psychomotor therapy for older adults with a personality disorder: An open-label, multicentre, randomised controlled trial. The Lancet Healthy Longevity 5-(4), e245-e254, https: / / doi.org/ 10.1016/ s2666-7568(24)00001-1 Xu, Q., Xu, B., Lin, D. (2024): Assessing dance movement therapy in Chinese undergraduates with depression and anxiety: An initial randomized controlled trial. The Arts in Psychotherapy 89, 102147, https: / / doi.org/ 10.1016/ j. aip.2024.102147